Fair geregelt: Elterngeld, Steuerklasse und Altersvorsorge

Wenn sich Nachwuchs ankündigt beginnt eine ganz besondere Zeit. Vieles ist zu bedenken - auch was das Geld angeht. In diesem Artikel erfahren werdende Eltern einige wichtige Tipps. Zeit, die Füße hochzulegen und sich 5 Minuten für`s bessere Geldgefühl zu geben.

Elternzeit

  1. Phase:

    Sie wissen dass Sie schwanger sind und erfahren, dass Ihnen nach der Geburt Elterngeld zusteht.

Es hält sich hartnäckig das Gerücht, das Elterngeld wird aus dem Netto berechnet, das auf der Gehaltsabrechnung steht. Das ist so nicht richtig!

Das Elterngeld wird aus dem Brutto berechnet - nach einem vereinfachten Verfahren. Wie es genau funktioniert steht hier im Familienportal des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Die Steuerklasse hektisch zu wechseln ist also völlig überflüssig. Es bringt Euch nichts! Nicht zu diesem Zeitpunkt! Auf der Seite des BMAS gibt es eine Menge Informationen und online-Dienste: Reinklicken sehr empfohlen.

Durch das vereinfachte Verfahren ist es kein Nachteil mehr, wenn Du die betriebliche Altersvorsorge mit Gehaltsumwandlung genutzt hast.

Zurück in den Job: Steuerklasse

2. Phase

Du gehst wieder arbeiten. Jetzt lohnt sich das Hinsehen bei der Steuerklasse sehr. Oft wird empfohlen, Steuerklasse 3 und 5 zu wählen. Der mit dem höheren Brutto geht in die 3, die mit dem kleineren in die 5. Das ist ein fataler Trugschluss und eine riesengroße Falle!

Durch Steuerklasse 3 und 5 habt Ihr kein höheres Einkommen zur Verfügung. Auch wenn das auf einen allerersten Blick so aussehen mag.

Warum?

Ihr müsst am Jahresende eine Steuererklärung abgeben und dann macht das Finanzamt eines: Es ermittelt Euer gemeinsames Einkommen und Eure gemeinsamen Steuerschulden. Dann addiert das Finanzamt dazu (bzw. zieht es von der Steuerschuld ab) was Ihr schon bezahlt habt: Er aus Steuerklasse 3 (das ist zu wenig) und Du aus Steuerklasse 5 (das war jeden Monat eine gefühlt Frechheit - also zu viel). Und im letzten Schritt fordert es die zu wenig gezahlten Steuern nach (bei Stkl. 3 und 5 ist das oft der Fall) oder erstattet (das ist bei Stkl. 4 und 4 oft der Fall).

Warum ist Steuerklasse 3 und 5 für viele eine “Falle”?

Weil erstens der Eindruck entsteht, man hätte schon seine ganze Steuerschuld bezahlt, was oft nicht der Fall ist.

Weil zweitens diejenige, der/die Steuerklasse 5 hat mit zunehmendem Steuerabzug auf der Gehaltsabrechnung weniger Sinn in Arbeit sieht. Gleichzeitig schrumpft das Selbstwertgefühl, das Selbstbewußtsein und auch die finanzielle Selbstbestimmtheit überproportional zusammen.

In vielen Beziehungen wird ums Geld gestritten. Auch wegen der ungerechten Verteilung aus 3 und 5. Das muss nicht sein: Bleibt beide in 4 und freut Euch über eine Erstattung und seid finanziell unabhängiger.

3. Altersvorsorge

Viele Frauen pausieren ihre (betriebliche) Altersvorsorge mit der Ankunft des ersten Babys. Das ist wirklich fatal! Es ist später fatal - weil Du wenn Du es mit 60 bemerkst, es nicht mehr - und wirklich überhaupt nicht mehr - retten kannst!

Auch wenn Du solange Du komplett in Elternzeit bist, jedes Jahr (maximal 3 Jahre lang) einen ganzen Entgeltpunkt auf Dein gesetzlichen Rentenkonto gutgeschrieben bekommst, solltest Du unbedingt Deine betriebliche und private Altersvorsorge weiterlaufen lassen. Weiter einzahlen.

Der Entgeltpunkt in der Gesetzlichen ersetzt nur den wegfallenden Punkt aus Deiner Arbeit! Er füllt keine Lücke!!!

Egal wie viel oder wenig Du arbeitest: Deine Einzahlungen in die Rente müssen immer so hoch sein wie aus einer Vollzeitbeschäftigung. Du hast ja später auch mal 24 Stunden Rente am Tag und nicht nur 4 oder 6 Stunden, richtig? Wovon möchtest Du also ab 12 Uhr in der Rente leben wenn Du aus einem Halbtagsjob nur den halben Beitrag angelegt hast?

Zudem fehlen Dir die ganzen Performancebabys. Früher hat man das Zinseszinseffekt genannt.

Ich mache Dir ein Beispiel:

Du hast netto selbst 100 € eingezahlt. Dazu hat der Staat die ziemlich genau 100 € geschenkt (durch weniger SV-Abzüge) und der Chef hat auch noch obendrauf gelegt.

Deine Rechnung lautet: 100 € zahle ich 3 Jahre nicht ein - 3.600 € sind nicht sehr viel Geld . Und 10 oder 12 Euro Rente mehr oder weniger sind auch egal.

Tatsächlich werden aber 36 x 250 € nicht eingezahlt = 9.000 €

9.000 € x 6 % x 35 Jahre = 69.000 € Das kannst Du mal nachrechnen …

Man könnte also sagen, in diesem Beispiel kostet das erste Kind die Mami 69.000 €. Und das zweite? Und vielleicht dritte Kind?

Altersvorsorge ist Familiensache solange einer in Teilzeit ist

Besprecht untereinander, wie viel in seine und Deine Altersvorsorge eingezahlt wird, solange einer von Euch durch die Teilzeit ein geringeres Gehalt hat.

Gut klar kommen viele Paare mit diesem Modell:

  • Beide Einkommen kommen auf ein gemeinsamen Konto an.

  • Von dort aus bekommt jeder denselben Betrag in die Altersvorsorge.

  • Von dort aus bekommt jeder sein persönliches Geld über das keine Rechenschaft abzulegen ist.

Einen Beitrag den ich absolut empfehlen kann hat Dani Parthum: Ökonomin, Geldcoach, Wirtschaftsjournalistin geschrieben.

Du findest ihn hier: GRUNDWISSEN

Steuerklassenwahl 3 und 5: Warum Sie Ihrem Steuerberater nicht glauben sollten

P.S. Weil natürlicherweise Frauen in Elternzeit gehen und den überwiegendsten teil der Care-Arbeit erbringen habe ich hier die Frauen, Mamis angesprochen. Selbstverständlich gilt das alles auch umgekehrt für die Männer, wenn Ihr Euch wegen der Kinder in Elternzeit und später Teilzeit begebt.

Cordula Vis-Paulus